Im Alter von 6 Jahren, kurz vor meiner Einschulung, erhielt ich die Diagnose metastasiertes Osteosarkom.

Aufgrund der zum Zeitpunkt der Diagnose bereits ausgeprägten pulmonalen Metastasierung entschieden wir uns trotz der vorhergesagten schlechten Prognose für eine intensive Therapie. Es folgten daher viele Chemotherapien und Operationen. Unter anderem wurde mein rechtes Bein amputiert und ich erhielt eine Umkehrplastik, bei dem der Unterschenkel um 180° gedreht wird und der gedrehte Fuß die Funktion des Knies ersetzten soll.

Nach ca. einem Jahr Chemotherapie, Amputation und Resektion der Lungenmetastasen wurde ich schließlich als tumorfrei entlassen.

Ich bekam meine erste Prothese und lernte wieder neu zu laufen, ging zum ersten Mal in die Schule und versuchte wieder ein normales Leben zu führen.

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1,5 Jahre später stellte sich in der Nachsorge heraus, dass sich neue Lungenmetastasen entwickelt haben. Es erfolgte erneut eine Chemotherapie und eine weitere Operation zur Entfernung der Lungenmetastasen wurde durchgeführt. Alle Lungenmetastasen konnte erneut erfolgreich entfernt werden.

Nach 9 Monaten in Remission wurden wieder neue Lungenmetastasen entdeckt. Zum Glück hatte ich einen wunderbaren Arzt, der die Hoffnung hatte, alle Metastasen erneut entfernen zu können. Die ganze Therapie mit Chemotherapie und Operation wiederholte sich also erneut. Glücklicherweise konnten wieder alle Metastasen entfernt werden und ich konnte wieder anfangen ein Leben außerhalb vom Krankenhaus zu führen.

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10 Monate später bemerkte ich eine Schwellung meines linken Knies. Ein MRT zeigte dann den unerwartenden Befund: Osteosarkom des linken Oberschenkels. Wie damals bei der Erstdiagnose, nur diesmal am anderen Bein. Zuerst konnte dies keiner so richtig fassen, selbst die Ärzte nicht. Ein sogennantes metachrones Osteosarkom tritt nämlich nur in ca. 3- 5% der Osteosarkompatienten auf und selbst das Auftreten einer Osteosarkomen-Diagnose ist schon recht selten (Inzidenz: zwei bis drei Neuerkrankungen pro 1 Million Einwohner pro Jahr). Glücklicherweise zeigten sich in der durchgeführten Computertomografie der Lunge keine neuen Metastasen.  Wir versuchten daher erneut den Kampf gegen den Krebs zu gewinnen.

Nach weiteren Zyklen Chemotherapie, Resektion des Tumors und Implantation einer Tumorendoprothese konnte ich erneut als tumorfrei entlassen werden. Seit über 10 Jahren bin ich nun krebsfrei und hoffe sehr, dass dies auch so bleibt!

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Durch die langjährige Therapie hatte ich schon früh viel Kontakt mit medizinischen Themen, sodass ich mich nach dem Abitur dazu entschieden habe, Medizin zu studieren. Letztes Jahr habe ich mein Medizinstudium abgeschlossen und bin seitdem als Assistenzärztin in der Onkologie tätig. Ich habe immer noch Kontakt zu meinen behandelnden Ärzten und durfte sogar die Ehre haben, bei meinen behandelnden Onkologen von damals zum Thema Osteosarkom, zu promovieren.

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Der Krebs hat mein Leben verändert, aber ich hätte nie gedacht, dass er mein Leben auch auf positive Weise verändern kann. Durch den Krebs haben sich auch viele schöne Dinge und Freundschaften entwickelt, die ich vorher nie erwartet hätte. Beispielsweise durfte ich durch meine Prothese Teil der deutschen paralympischen Ruder-Nationalmannschaft sein und an nationalen und internationalen Meisterschaften im Rudern teilnehmen. Ich bin Ärztin geworden und kann meine Erfahrungen an andere Betroffene weitergeben und ihnen Mut machen. Ich habe viele großartige Menschen kennengelernt, die ich wahrscheinlich sonst nie getroffen hätte.

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